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„Die Welt gestalten, wie wir sie uns im Alter wünschen“

Die Vision 2023 bekommt ein Plus. Was dahinter steckt und wie sich das Plus auf die Arbeit auswirkt, erklärt SSG-Geschäftsführer Christian Pietig im Interview.

"Wenn unsere Bewohner sagen: Mein Tag ist lebenswert, ist das die beste Antwort auf unser Handeln, die wir bekommen können."

Herr Pietig, wieso hat die Vision 2023 Zuwachs bekommen, in Form eines Plus-Zeichens?

Christian Pietig: Wir sind mit dem bisherigen Verlauf der Vision 2023 nicht zufrieden. Denn sie hat einen Webfehler. Den Zielen „Bester Arbeitgeber“, „Erstes Haus am Platz“ und „Gute Wirtschaftlichkeit“ fehlt die Kontinuität. Es geht darum, dass wir uns als SSG und jeder Einzelne seine Arbeit regelmäßig hinterfragen. Die Antworten, die wir uns geben, sollten widerhallen im Satz: Möchte ich meinen Lebensabend bei uns verbringen.

Und wie soll das gelingen?

Christian Pietig: Die Antwort steckt im „Plus“. Ab sofort kann sich jeder Mitarbeitende fragen: ist der Handgriff, den ich mache, ist das Wort, das ich sage, so, als ob ich es für mich selbst tue oder zu mir sage? Ist es so, wie ich es für mich im Alter wünsche? Falls das (noch) nicht so ist, kann jeder sein Tun ändern. Ich kann mir etwa beim Essen servieren überlegen, ob das die Art ist, wie ich versorgt werden möchte, wenn ich alt bin. Wir wissen, dass Senioren große Angst haben vor Einsamkeit und Langeweile. Hier müssen wir ansetzen. Wenn unsere Bewohner sagen: Mein Tag ist lebenswert, ist das die beste Antwort auf unser Handeln, die wir bekommen können. Es ist das Herzstück unserer Arbeit.

Ein wichtiger Aspekt der Vision 2023+ ist das Dienstplanmanagement.

Christian Pietig: Exakt, ich möchte weg davon, dass es eine Pflegedienstleitung gibt, die Pläne schreibt und Mitarbeitende, die diese hinnehmen. Ich möchte, dass in Zukunft die Teams eigenverantwortlich handeln. Was im Idealfall bedeutet, jeder der ausfällt, sorgt für Ersatz. Es ist wie im Sport, nur wenn jeder für den anderen mitdenkt und sich Kollegen und Kolleginnen aushelfen, stimmt die Mannschaftsleistung – oder besser: die Firmenkultur. Natürlich ist das ein Prozess, den wir mit Schulungen und Unterstützung begleiten.

Wieso ist ein Kulturwandel nötig?

Christian Pietig: Damit es uns nicht wie Nokia geht. Der skandinavische Handy-Hersteller war 2007 Weltmarktführer und hat 435 Millionen Handys verkauft, pro Jahr. Dann kam das iPhone und etablierte das Smartphone. Das Tastentelefon starb aus und Nokia war fünf Jahre später ebenfalls tot. Auf unsere Branche übertragen heißt das: Wir müssen den Wandel gestalten, sonst gestaltet er uns. Als sozialer Dienstleister verkaufen wir Lebensfreude. Zu Recht prangern die Fusseks dieser Welt das Verwalten des Bestands in der Pflege an. Doch satt und sauber reicht nicht mehr. Für diesen Wandel bedienen wir uns einem der besten Managementwerkzeug der Welt: EFQM hat die Domino-World zum erfolgreichsten Pflegeheimbetreiber Deutschlands gemacht – da will die SSG auch hin.

"Mehr Freude bei der Arbeit. Mehr lachen und mehr Herzlichkeit. Letztlich mehr Lebensqualität."

Auf einer Skala von eins bis zehn, wo steht die SSG aktuell?

Christian Pietig: Wenn zehn der beste Wert ist, sind wir im Mittelfeld. Sicher gibt es Häuser, die in einzelnen Bereichen eine Acht haben. Aber es gibt eben auch Standorte, die bei zwei stehen, also viel Luft nach oben haben. Dass so ein Turn-Around gelingen kann, hat die SSG schon einmal bewiesen. Als ich vor knapp zehn Jahren hier angefangen habe, schrieb die SSG einen Verlust von 2,8 Millionen Euro. Jedes Haus war also im Schnitt mit 100.000 Euro defizitär. Zwei Jahre später hatten wir die schwarze Null geschafft, bis Corona in die Welt kam. Auch dieser Umstand ist ein Grund dafür, dass wir uns wandeln und immer wieder hinterfragen. Glauben Sie mir, ohne kritischen Diskurs geht es in Zukunft nicht (mehr).

Und was haben die Kolleginnen und Kollegen davon?

Christian Pietig: Ich hoffe, mehr Freude bei der Arbeit. Mehr lachen und mehr Herzlichkeit. Letztlich mehr Lebensqualität. Wenn sich die Teamarbeit verbessert, und das ist mein Kernanliegen, wirkt sich das stressmindernd aus – dazu gibt es etliche Untersuchungen. Schließlich sorgt jeder und jede eigenverantwortlich dafür, den eigenen Arbeitsplatz in einem sozialen Unternehmen zu sichern.

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